War es vor 40 Jahren noch etwas Besonderes, Englisch lesen, schreiben und verstehen zu können, wurde es bis zur Jahrtausendwende durch Englisch als Schulfach zum Standard. Jeder Berufstätige sollte heute zumindest über Basiskenntnisse aus Schulzeiten verfügen. In der Schule kann - allein schon wegen der Klassengröße - meist keine Sprechpraxis trainiert werden.
Die Fähigkeit, die für den Einsatz im Beruf auch nur annähernd ausreicht. Da andererseits immer mehr Sprechpraxis in den Unternehmen der Wirtschaft benötigt wird, entwickelte sich in vielen Jahren eine Art Sprach-Vakuum.
Berufstätige erkennen immer mehr, dass sie in persönlichen Gesprächen auf Englisch, in Telefonaten, Meetings, Telefon- und Videokonferenzen Englisch sprechen sollten. Sie gestehen sich jedoch aufgrund eigener Bequemlichkeit plus zeitlicher Belastung nicht ein, den Graben zwischen ihren theoretischen Grundkenntnissen und den Anforderungen einer sicheren Sprech-Praxis mit Training aufzufüllen.
Wie erwähnt, Englisch lesen, schreiben und verstehen ist nicht das Problem. Die Korrespondenz, zum Beispiel per E-Mail, lässt sich hervorragend organisieren. Vieles wiederholt sich und lässt sich standardisieren, nötige Wörter werden einfach online nachgesehen.
Eine völlig andere Situation ist es, spontan und sicher Englisch zu SPRECHEN, Situationen auf Englisch zu erläutern, Probleme zu lösen, Zusammenhänge darzustellen, Reklamationen zu besprechen und Gesprächspartner sprachlich respektvoll zu behandeln.
Dass es interkulturelle Kompetenz gibt, dass man mit Gesprächspartnern in und aus anderen Ländern anders umgeht als mit inländischen und sich selbst bewusster verhält, hat sich herumgesprochen. Aber es wird nicht danach gehandelt.
Die meisten Berufstätigen, die sich geschäftlich in ihrer Firma auf Englisch verständigen, haben zwar davon gehört, handeln aber nicht danach, weil sie oft nur klischeehafte Vorstellungen von der Andersartigkeit anderer Nationalitäten haben.
Nicht wenige glauben, dass die Beachtung interkultureller Kompetenz nicht so wichtig sei, haben aber nur eine verschwommene Vorstellung davon, was sich im Einzelnen dahinter verbirgt und noch weniger, was konkret zu tun ist.
Über den Handlungsbedarf sind sie sich einig, niemand sagt ihnen aber, wie es geht. Überraschung für andere Mitarbeiter/innen ist, dass interkulturelle Kompetenz umzusetzen, ihr Job sein soll. Sie dachten, das sei eine Sache des Managements. Dabei bedeutet es nur, sich in den Gesprächspartner einzufühlen, die Situation aus seiner Perspektive zu betrachten.
Selbstverständlich brauchen wir zusätzlich noch den Leitfaden "Sage mir, aus welchem Land (oder auch Gegend) dein Gesprächspartner stammt und ich sage dir, wie er denkt, fühlt, spricht, versteht, vermutet, interpretiert, argumentiert, agiert und reagiert. Und jeder Mensch hat genetisch bedingt Vorurteile. Der Gesprächspartner ebenso wie wir selbst. Aber wahrscheinlich hat er andere. Gut zu wissen, oder?
Viele empfinden es als lässlichen Luxus, zu wissen und danach zu handeln, wie wir mit anderen Nationalitäten kommunizieren. In den meisten Köpfen gibt es noch immer die Denkweise: "Sollen die anderen doch ...." oder "Es wird schon trotz meiner peinlichen Fehler gut gehen ..." oder "Soll meine Firma doch, die wollen schließlich ...."
Eine andere Sichtweise zeigt, dass es mein persönlicher Vorteil ist, wenn ich interkulturelle Kompetenz habe. Wenn ich weiß, wie andere Kulturen "ticken", wenn ich weiß, wie sie denken und warum sie so handeln wie sie es tun. Ich kann dann einfacher und schneller Lösungen anbieten.
Wir kennen dies aus der Weltpolitik. Nur ausgewiesene langjährige Kenner der anderen Kultur, sind wirklich in der Lage, der anderen Kultur akzeptable Lösungen anzubieten. Meist überwiegt in den Angeboten die eigene Sichtweise und kein wirklicher Kompromiss oder gar eine echte Win-Win-Situation.
Unter´m Strich ist es heute kein Luxus mehr, gut Englisch zu sprechen, sondern Schlüsselkompetenz. Ebenso wie der Besitz eines gültigen Führerscheins.